Weniger Geld, mehr Rassismus: Was Integrationshelfer in Chemnitz nach dem Wahlerfolg der AfD fürchten

Nach der Kommunalwahl ist die AfD stärkste Kraft im Chemnitzer Stadtrat. Was das für die Arbeit mit Migranten bedeutet, ist noch unklar. „Freie Presse“ hat Betroffene gefragt.

Chemnitz.Dass der Wahlerfolg der AfD bei den Europa- und Kommunalwahlen eine migrationsfeindliche Politik bedeuten wird, dürfte spätestens seit dem „Remigrations“-Skandal real sein. Mit 15 Plätzen im Chemnitzer Stadtrat ist die AfD nun stärkste Kraft der künftigen Kulturhauptstadt. Noch ist nicht klar, was das für die Integrationsarbeit bedeutet.

Jene, die in Chemnitz damit zu tun haben, blicken mit Sorge auf die Entwicklung, wie kürzlich zum Weltflüchtlingstag deutlich wurde. Vereine und Organisationen, die mit Migranten arbeiten, waren an dem Tag auf dem Rathausvorplatz mit Ständen präsent.
Die Bühne sei nicht zufällig gewählt, so Organisatorin Maria Kramer vom Agiua Verein. Der neue AfD-dominierte Stadtrat sollte die Aktion wahrnehmen.

Sie sei entsetzt gewesen von den Wahlergebnissen. „Dass es so schlimm wird“, dachte Kramer nicht. Für das kommende Kulturhauptstadtjahr sei der Agiua Verein, der Migrations- und Jugendarbeit leistet, noch positiv gestimmt und motiviert. Bis jetzt gebe es keine Probleme, doch die Belegschaft sei nur für befristete Projekte angestellt und habe Sorge, dass die Förderung und schließlich ihr Arbeitsplatz in den kommenden Jahren wegfallen könnte. Auch die Angst vor rechten Pöbeleien gegen die Mitarbeitenden und Geflüchteten sei nach der Wahl präsenter.

„Migrationsarbeit war noch nie Lobbyarbeit“

Diese Bedenken kann die kommunale Migrationsbeauftragte, Etelka Kobuß, nachvollziehen: „Migrationsarbeit war noch nie Lobbyarbeit. Da, wo Gelder knapp werden, wird vermutlich erst an dieser Stelle gespart.“ Seit 2009 ist sie für die Stadt im Einsatz: Sie wisse, was für gute Arbeit für Geflüchtete in Chemnitz von verschiedensten Initiativen geleistet wird. Die Gelder für diese Arbeit zu streichen, wäre nach Kobuß fernab jeglicher Realität.

Auch Britta Mahlendorff, Koordinatorin für kirchliche Flüchtlingsarbeit des Chemnitzer Kirchenbezirks, befürchtet, dass besonders im ländlichen Raum, aber auch in Städten wie Chemnitz, die Gelder für ihre Arbeit gestrichen werden. Außerdem sorge sie sich, dass Rassismus im öffentlichem Raum zunimmt. Seit acht Jahren engagiert sich die 62-Jährige aktiv in der Flüchtlingshilfe. Mahlendorff ist sich trotz der düsteren Aussicht sicher, dass sie ihr Engagement nie aufgeben wird.